Bedeutung der öffentlichen Bestellung
Die Bezeichnung "Sachverständiger" ist in Deutschland nicht geschützt. Da sich insofern jeder als "Sachverständiger" bezeichnen
darf, besteht die Gefahr, dass auch Gutachter im Markt tätig werden, die nicht ausreichend qualifiziert sind. Um wirkliche
Experten von solchen minder qualifizierten Anbietern abzugrenzen, hat der deutsche Gesetzgeber die "öffentliche Bestellung"
eines Sachverständigen eingerichtet. Diese bescheinigt einem Sachverständigen, dass er auf einem bestimmten Sachgebiet besonders
qualifiziert ist. Im Gegensatz zur allgemeinen Bezeichnung "Sachverständiger" ist die Bezeichnung "öffentlich bestellter und
vereidigter Sachverständiger" (öbuvSV) gesetzlich geschützt. Nur diese dürfen in ihren Gutachten einen sogenannten Rundstempel verwenden.
öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige gibt es ausschließlich in Deutschland. Die gesetzliche Grundlage findet sich
in § 91 der Handwerksordnung oder in § 36 der Gewerbeordnung (GewO). Die Bestellung kann durch eine Industrie- und
Handelskammer, eine Handwerkskammer, eine Landwirtschaftskammer oder auch durch Architekten- oder Ingenieurkammern erfolgen.
Qualifikationsprüfung
Nur Fachleute mit herausragender Qualifikation werden öffentlich bestellt. Der öffentlichen Bestellung geht ein intensives
Prüfverfahren voraus, in dem der Sachverständige seine Kenntnisse und Erfahrungen nachweisen, seine geordneten wirtschaftlichen
Verhältnisse, seine persönliche Integrität und Vertrauenswürdigkeit belegen und seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
dokumentieren muss. Das Verfahren wird mit einem Kolloquium vor einem Prüfungsfachgremium abgeschlossen. Auch nach der
öffentlichen Bestellung steht der Sachverständige unter ständiger Aufsicht der vom Staat beauftragten Bestellungskörperschaft
(z.B. der IHK). Die Bestellung von bereits öffentlich bestellte Sachverständige kann widerrufen werden, wenn ihre Qualifikation
nachweislich nicht mehr den aktuellen Anforderungen genügt.
Aufgaben, Leistungen und Aufträge
Aufgrund ihrer im Zuge des Bestellungsverfahrens nachgewiesenen besonderen Fachkunde sowie ihrer Neutralität und Unabhängigkeit beauftragen Gerichte bevorzugt öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige mit der Erstellung von Sachverständigengutachten in Zivil- und Strafverfahren. Ihre besondere Stellung ist darüberhinaus oft auch ausschlaggebend für ihre Beauftragung als Schiedsgutachter oder Schlichter in außergerichtlichen Verfahren. Ferner wird ihre fachkundige Beratung auch in Streitfällen und bei der Ermittlung und Behebung von Problemen in Systemen und Anlagen geschätzt.